Was ist bisher passiert? (Stand vom 31.12.2017)

Nachdem ich etwa im Jahr 2015 meinen für mich letzten Versuch gestartet habe, mich irgendwie normal mit dem Thema Essen beschäftigen zu können, habe ich gewartet. Ich habe darauf gewartet, dass sich mein Gewicht vielleicht wenigstens stabilisiert, wenn ich einfach nicht mehr "versuche", abzunehmen. Seither habe ich stetig zugenommen, ein Stillstand ist also nicht eingetreten. 

 

Deshalb habe ich im Frühjahr 2017 angefangen, mich mal damit auseinanderzusetzen, was ich WIRKLICH noch tun kann. Erst habe ich ein weiteres Ernährungsprogramm in Erwägung gezogen und schnell bemerkt, dass mich schon beim Gedanken daran großer Pessimismus überfällt. Wieso sollte gerade dieser eine nächste Versuch langfristig etwas bringen? Zur selben Zeit habe ich eine Studie gefunden, in der es um Risikofaktoren dafür ging, mit einer Diät zu scheitern. Auf mich trafen all diese Punkte zu. Das Risiko für das Scheitern einer Ernährungsumstellung lag damit bei mehr als 90 %. 

Am Ende des Artikels wurde beschrieben, dass bei hohem Risiko die einzige Methode mit einer guten Voraussage ein adipositaschirurgischer Eingriff – auch bariatrischer Eingriff genannt – ist. 

 

Und ich habe mir das erste Mal die Frage gestellt, ob das vielleicht die richtige Entscheidung für mich wäre. 

 

Also habe ich mich informiert und wochenlang recherchiert. Für mich kam zuerst nur das Magenband infrage. Ein kleiner Eingriff, ein Band wird um den Magen gelegt und sorgt so für ein schnelleres Sättigungsgefühl. Das Magenband wäre entfernbar, das alleine klang schon mal nicht so schlimm wie eine "richtige" OP.

Im Juni 2017 habe ich dann die Adipositas-Selbsthilfegruppe in Graz per Mail kontaktiert. Mir wurde empfohlen, mich einfach mal vom Chirurgen Dr. Friedrich Tadler beraten zu lassen und im Juli hatte ich meinen Termin bei ihm. Später habe ich erfahren, dass Dr. Tadler der in Österreich führende Adipositaschirurg ist und jährlich hunderte Operationen durchführt.

 

Noch während ich darüber nachdachte, wer auf die gloriose Idee kommt, in einer Ordination für Adipositaschirurgie Sessel mit ziemlich eng konzipierten Seitenlehnen aufzustellen (ein wunderbares Gefühl, sich da reinzuquetschen), kam Dr. Tadler in das Sprechzimmer und meinte: "Ich nehme an, es geht ums Gwicht." 

Wir haben etwa eine Stunde lang über meine Möglichkeiten geredet, er hat mir die verschiedenen Möglichkeiten gezeigt und auch erklärt, wieso das Magenband keine gute Idee wäre. Ich habe erfahren, dass diese OP viel mehr Risiken birgt, als man zuerst denkt. Das Band kann reißen, einwachsen und Magengeschwüre verursachen. Die Einschränkungen beim Essen sind enorm: Faserreiche und eigentlich gesunde Ernährung (also viel Gemüse und Vollkorn) wäre überhaupt nicht mehr möglich. Außerdem ist die Rückfallquote enorm. 

Empfohlen hat er mir also eine Magenbypass-OP: Der Magen wird verkleinert und gleichzeitig wird ein Teil des Darms "umgangen", um eine geringere Kalorienaufnahme zu erzielen. Von der Idee, mir tatsächlich innere Organe umoperieren zu lassen, war ich anfangs alles andere als begeistert. Mir erschien das viel zu radikal, ich sagte meinem Arzt ehrlich, dass ich mir für diese Entscheidung unbedingt Zeit nehmen möchte und mir nicht sicher bin. 

 

Es hat wirklich einige Wochen und viele Gespräche gedauert, aber irgendwann bekam ich einen Rat, der den Knoten im meinem Kopf entwirrt hat: 


"Du stellst dir die Frage, ob du das Risiko der OP wirklich eingehen willst.
Aber ist nicht viel eher die Frage, ob du das Risiko eingehen kannst, es nicht zu tun? 
Auf deiner Pro-und-Contra-Waage stehen sich die OP und die üblichen Methoden gegenüber. Wenn die normalen Methoden aber nicht wirksam sind, dann steht der OP in Wahrheit ein Leben als schwer Übergewichtige gegenüber. Und das ist ein Risiko, das du nicht unterschätzen solltest."

 

Im September 2017 habe ich meine Entscheidung endgültig getroffen. Bis dahin hatte ich eigentlich nur mit meinem Mann darüber geredet und noch niemandem aus der Familie etwas erzählt – einerseits natürlich, weil ich Angst vor den Reaktionen der Leute hatte. Vor allem aber, weil es mir wahnsinnig wichtig war, diese Entscheidung so unbeeinflusst wie möglich und alleine treffen zu können. Als ich mir zu 99 % sicher war, habe ich im November 2017 mit meiner Schwester und wichtigsten Vertrauten darüber gesprochen. 

Als das endlich geschafft war und ich damit das Gefühl hatte, wirklich bereit zu sein, schrieb ich mein Mail an Dr. Tadler, dass ich mich entschieden hätte. Er gratulierte mir dazu und wir fingen an, die nächsten Schritte zu planen. 

 

Eine bariatrische Operation wird nicht grundsätzlich von der Krankenkasse übernommen. Man muss einen Antrag stellen, für den es viele Meinungen und Gutachten und gewisse körperliche Voraussetzungen braucht. Also ließ ich psychologische und internistische Gutachten erstellen und Dr. Tadler schrieb mir eine Empfehlung. Kurz vor Weihnachten reichte ich meinen Antrag ein, am 29.12. kam der Brief von der Versicherung mit der Zusage auf die Kostenübernahme und damit auch mein Startschuss dafür, es meiner ganzen Familie zu erzählen.

 

Der nächste Schritt ist jetzt nur noch, einen Termin zu fixieren – voraussichtlich wird meine OP im Februar 2018 im Krankenhaus der Elisabethinen Graz stattfinden, davor muss ich noch eine Gastroskopie über mich ergehen lassen. 

 

Im Jahr 2018 wird mich einiges erwarten, ich werde Schmerzen und Nebenwirkungen auf mich nehmen und gezwungen sein, mich ausführlich um mich und meinen Körper zu kümmern. Aber ich freue mich auf dieses Jahr und weiß, dass sich die wichtigsten Menschen meines Lebens sich trotz Sorgen und Ängsten mit mir mit freuen.